Samuel Theodor Schlomo
Man sieht ihn in der Galerie, mit blondem Haar und einem lieben Lächeln. Mein Kind Nummer 11 mit dem Rufnamen Schlomo ist einer von den wenigen Menschen mit der Chromosom Besonderheit Trisomie 21, auch Down Syndrom genannt, denen es vergönnt ist zu leben. Heutzutage hat man Methoden, um genetische Unregelmässigkeiten zu entdecken und kann eine Schwangerschaft noch „rechtzeitig“ abbrechen.
In unserer erfolgsorientierten Gesellschaft gibt es trotz einem enorm verbessertem Engagement für Menschen mit Behinderung nach wie vor wenig Raum für Personen, die nicht mithalten können. Nur ungern teilt die Mehrheit „geschäftiger“ Menschen ihren Lebensraum mit jenen, die ein Leben lang Hilfe bedürfen, denn dies wäre hinderlich.
Nimmt man aber sein Leben aus Gottes Hand und hat den Mut, „ja“ zu dem zu sagen, was einem geschieht, erahnt man mit der Zeit, dass es die Erfahrungen ausser der Norm sind, welche das innere Wachstum fördern, und dass es gilt, sich diesen zu stellen.
So dachte ich mir, dass auch die Behinderung meines Sohnes später einmal einen Sinn ergeben würde. Was mich nicht umwirft, macht mich stark! sagte ich mir.
Hatte ich mich immer von Menschen mit Behinderungen ferngehalten, so ändert sich dies jetzt: Ich lerne, zu verstehen, seit ich in ihre Fußstapfen trete.
In der positiven Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten verbirgt sich ein Schlüssel zur Reifung des inneren Menschen. Und ist es nicht der innere Mensch, der letzthin unser Leben ausmacht, das soviel mehr beinhaltet als nur vergehende, materielle Werte und einen alternden Körper?
Wäre unser Weg immer mainstream, fehlte es uns an Mitgefühl und Tiefsinnigkeit. Meist erst, wenn sich Umstände komplizieren, schauen wir intensiv hin.
Was unsere Persönlichkeit schlussendlich formt, sind der einsame Weg und eine tiefe Betrachtung der Umstände. Daraus erwachsen Entscheidungen, die auf Herzensbasis getroffen werden. Da findet die Begegnung mit dem Ewigen statt, wenn wir sie zulassen.
Wir rufen nach Gott, wenn wir verzweifelt sind. Und wir bekommen Antwort. (Die Bibel Psalm 50:15)
In unser Tränental dringt plötzlich und unerwartet Licht, das macht die nächsten Schritte unseres Weges erkennbar.
Verständnis, Dankbarkeit, Geduld und Selbstlosigkeit sind Früchte, die im Inneren gedeihen, Zeichen der in uns heranreifenden Liebe Gottes. Diese könnten für uns ohne den Tunnel, der wiederum uns zum Licht führt, Fremdwörter bleiben.
Es heisst, dass der Schöpfer über denen wacht, die Ihn lieb haben, und dass Er Dinge zulässt, weil sie zum Besten dienen. (Die Bibel, Römer 8:28)
Das wählte ich zu glauben.
Es war ein Schock, die Behinderung meines Sohnes zu erkennen, und ja, es brauchte Zeit bis ich aufhörte mit der Tatsache zu hadern, bis ich ihm gegenüber nur Liebe empfand und neugierig auf das wurde, was er in mir und unserer Lebenssituation bewirken würde.
Nur langsam konnte ich glauben, dass sein Leben trotz Down Syndrom lebenswürdig, und er glücklich sein würde.
Es braucht Gespräche mit dem himmlischen Vater und ein wachsendes Vertrauen in Seine Versprechen, ein Wissen darum dass Er über Schlomo wacht.
Mein Sohn ist schön, so wie er ist. Er macht unsere Familie wertvoller. Ich kann das Schicksal nicht ändern und lasse mich von Herzen auf unser gemeinsames Abenteuer ein.
Gerda-Marie Ettling