Im Schutze der Höhle
Vor vielen Jahren herrschten in Deutschland noch andere Sitten als heute.
Damals war in der Schule das Lachen verboten. Und wer nicht spurte, wurde mit der Rute bestraft.
In jener Zeit lebte in Düsseldorf ein junger Lehrer namens Joachim Neander. Er war erst 25 Jahre alt, als er an das Gymnasium von Düsseldorf kam. Aber die Schüler merkten bald: Dieser Lehrer war ganz anders als alle übrigen Lehrer.Mit Begeisterung gingen sie zu ihm in die Schule. Sie hingen an seinem Munde, wenn er ihnen Geschichten aus der Bibel erzählte. Und sie liebten ihren Lehrer wie einen großen Freund. Als die anderen Lehrer das sahen, waren sie empört. „Was fällt diesem jungen Kerl ein?“ tuschelten sie. „Er verdreht unseren Schülern den Kopf. Wenn er so weitermacht, wird bald niemand auf uns hören.“ Und sie schrieben gemeinsam einen Brief an das Ministerium, in dem sie sich über den jungen Lehrer beschwerten. Wenig später wurde Joachim Neander entlassen, weil er sich nicht den älteren Lehrern gefügt hatte. Mit Schimpf und Schande wurde er aus der Schule gejagt.
Das hätte sich Joachim nicht träumen lassen! Er hatte doch nur das Beste für seine Schüler gewollt. Nun hatte er mit einem Streich beides verloren: seinen Beruf und seine jungen Freunde. Dabei war Joachim noch keine 30 Jahre alt. „ Ich bin der meistgehasste Mensch auf der Welt!“ So schrieb er in einem Brief. Und so fühlte er sich auch: als Nichtskönner, von allen verachtet und verfolgt.
Am liebsten wäre er geflohen. Aber wohin? Joachim fand einen stillen Platz in einem verlassenen Tal bei Düsseldorf. Über dem Tal erhoben sich die Felsen. Dort entdeckte Joachim eine einsame Höhle. Er setzte sich an den Eingang der Höhle und ließ seinen Blick über das Tal schweifen. Drunten im Tal rauschte der Bach, über ihn zwitscherten die Vögel, die in den Bäumen nisteten. Da spürte Joachim, wie ihm das Herz leicht wurde. Hatte nicht Gott dies alles geschaffen? War er nicht viel mächtiger als die Menschen, die ihm so übel zugesetzt hatten? Joachim dachte an David. Wie oft hatte er seinen Schülern von ihm erzählt! Auch David wurde von seinem König verfolgt. Aber er verließ sich auf Gott, den mächtigen König, der viel mächtiger ist als alle Könige der Welt. Für ihn sang er seine Lieder. Und plötzlich, als Joachim über Davids Lieder nachdachte, kamen ihm eigene Worte in den Sinn. Sie fügten sich zu einem neuen Lied zusammen:
„Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, murmelte Neander leise. Hatte dieser mächtige König nicht auch sein Leben beschützt und bewahrt wie die Vögel, die in den Bäumen nisteten?Joachim sah, wie sie ihre Jungen schützten, wie sie ihre Flügel über ihnen ausbreiteten. Ja, wie diese jungen Vögel im Nest, so gut hatte er es bei Gott. Da zog Joachim schnell ein Stück Papier hervor und kritzelte darauf sein neues Lied.
„Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren,
meine geliebte Seele, das ist mein Begehren.
Kommt zuhauf, Psalter und Harfe wacht auf,
lasset den Lobsang hören.
Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet,
der die Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet.
In wie viel Not hat nicht der gnädige Gott
über die Flügel gebreitet.“
Joachim Neander wurde keine dreißig Jahre alt.
Aber sein Lied lebt heute noch fort und wird immer noch gerne an Festtagen gesungen.
Kaum jemand ahnt, wo dieses Lied entstanden ist. Doch du weißt es jetzt, und wenn du noch mehr darüber wissen willst, dann komm in das Tal bei Düsseldorf, das heute „Neandertal“ heißt. Vielleicht findest du dort noch die Höhle, in deren Schatte Neander einst saß. Viele Jahre später wurde diese Höhle sehr berühmt. Denn in ihr wurden die Knochenreste eines so genannten Urmenschen entdeckt.
Aber was Joachim Neander entdeckt hatte, bleibt unvergessen und ist viel kostbarer als ein angebliches uraltes Skelett
Gott ist unsere Zuversicht.
Er allein ist mächtig.
Psalm 62,9+12
Ein Leben nach der Geburt
Zweifel, Skepsis, Glauben: alles hat seine Zeit
Im Bauch einer schwangeren Frau sind drei Embryos. Einer davon ist der kleine Gläubige, einer der kleine Zweifler und einer der Skeptiker.
Der kleine Zweifler fragt: Glaubt ihr eigentlich an ein Leben nach der Geburt?
Der kleine Gläubige: Ja klar, das gibt es. Unser Leben hier ist nur dazu gedacht, dass wir wachsen und uns auf das Leben nach der Geburt vorbereiten, damit wir dann stark genug sind für das, was uns da erwartet.
Der kleine Skeptiker: Blödsinn, das gibt es nicht. Wie soll das denn überhaupt aussehen, ein Leben nach der Geburt?
Der kleine Gläubige: Das weiß ich auch nicht so genau. Es wird viel heller sein als hier und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen.
Der kleine Skeptiker: So ein Quatsch. Herumlaufen, das geht doch nicht. Und mit dem Mund essen, was für eine seltsame Idee. Es gibt doch nur die Nabelschnur, die uns ernährt. Außerdem geht das gar nicht, dass es ein Leben nach der Geburt gibt, weil die Nabelschnur schon viel zu kurz ist.
Der kleine Gläubige: Doch, es geht bestimmt. Es wird eben alles ein bisschen anders sein.
Der kleine Skeptiker: Es ist noch nie einer zurückgekommen nach der Geburt. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende. Und das Leben hier ist nichts als Quälerei. Und dunkel.
Der kleine Gläubige: Auch wenn ich nicht so genau weiß, was das postnatale Leben aussieht, jedenfalls werden wir dann unsere Mutter sehen und sie wird für uns sorgen.
Der kleine Skeptiker: Mutter??? – Du glaubst an eine Mutter? Wo ist die denn bitte?
Der kleine Gläubige: Na hier, überall, um uns herum. Wir sind in ihr und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein.
Der kleine Skeptiker: Quatsch. Von einer Mutter habe ich noch nie etwas gemerkt, also gibt es sie auch nicht.
Der kleine Gläubige: Manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wie sie unsere Welt streichelt.
Der kleine Zweifler fragt: Und wenn es also ein Leben nach der Geburt gibt, wird der kleine Skeptiker dann bestraft, weil er nicht daran geglaubt hat?
Der kleine Gläubige: Das weiß ich nicht so genau. Vielleicht kriegt er einen Klaps, damit er die Augen aufmacht und das Leben beginnen kann.
Zweifel hat seine Zeit, – Skepsis hat ihre Zeit, – Glauben hat seine Zeit. – Es ist Zeit, geboren zu werden!